Mittwoch, 3. Juli 2013

Soul Screamers 1 (R. Vincent)

Ein in sich dermaßen unschlüssiges Buch habe ich seit Langem nicht mehr gelesen.

Sie kann keine Toten sehen, aber ...sie spürt, wenn jemand in ihrer Nähe sterben wird. Und dann zwingt eine unbesiegbare Macht sie zu schreien, so laut sie kann.Kaylee kann ihr Glück kaum fassen. Der schärfste Typ der Schule hat sie angesprochen! Nash hat die schönsten braunen Augen, die sie je gesehen hat. Als er sie auf die Tanzfläche zieht, glaubt Kaylee zu träumen. Aber das perfekte Date hat sie sich anders vorgestellt. Erst entdeckt sie ein Mädchen, das scheinbar von einem schwarzen Nebel umgeben ist. Dann wird Kaylee übel, und plötzlich lastet eine schreckliche Schwere auf ihr. Um nicht zu schreien, dass die Fensterscheiben zerspringen, rennt sie schweißgebadet raus. Wie peinlich! Nash muss sie jetzt für völlig verrückt halten. Doch seltsamerweise bleibt er ganz ruhig.Am nächsten Tag erfahren sie, dass das Mädchen tatsächlich tot ist. Bald sterben weitere. Und Kaylee ist die Einzige, die weiß, wen es als Nächsten trifft...

 Von Anfang an wird klar, dass sowohl Nash als auch Kaylee besondere Fähigkeiten haben: Bei ihr ist es sowieso kein Geheimnis und die wild wirbelnden Pupillen seiner grün-braunen Strudelaugen (Wie darf man sich das vorstellen?!) werden zu häufig erwähnt, als dass es ohne einen tieferen Sinn geschehen könnte.

Sie will also immer losschreien, wenn jemand in der Nähe in Kürze sterben wird. Als dann Nash die Info bereithält, dass sie eine Banshee ist – er übrigens ebenfalls, daher weiß er Bescheid – nimmt sie diese Neuigkeit sofort an. Im Gegensatz zu mir als Leserin stellt sich Kaylee auch nicht die Frage, wieso ihr Nash 1. so plötzlich nachstellt und 2. auf einmal Gefühle entgegenbringt, obwohl er die männliche Dorfmatraze der Stadt zu sein scheint. Soll uns dieses Detail kundtun, wie sehr er sich für sie geändert hat? Oder womöglich Spannung erzeugen?

Aber weiter im Text: Es gibt also Banshees, die den nahenden Tod besingen – die weiblichen können Seelen festhalten, die männlichen können diesen Seelen den Weg weisen, wenn's gut läuft sogar in den Körper zurück. Eine nützliche Eigenschaft, wären da nicht die Reaper, die dafür zuständig sind, die Menschen umzubringen, deren Zeit gekommen ist. Die Angehörigen dieses Berufsstandes (Ja, es wird als Beruf bezeichnet!) scheinen jedoch ziemlich unberechenbar zu sein: Aus unerfindlichen Gründen wird ständig eine nicht nachvollziehbare Panik verbreitet. Auf keinen Fall sollte man einen Reaper verärgern.
Warum, frage ich mich?
Sie arbeiten nach Listen, die sie von ihrem Chef bekommen – machen sie einen Fehler, so bezahlen sie es selbst mit dem Leben. Was können sie also schon groß tun?

Nachdem diverse Mädchen gestorben sind, kommen Nash und Kaylee mit der Hilfe von Todd auf die Idee, dass es sich gewissermaßen um einen Amok laufenden Reaper handelt: Diesen sieht Kaylee auch, als sie gemeinsam mit Nash die Seele ihrer besten Freundin in deren Körper zurück schickt. Warum zeigt sich die Reaperin und lächelt sie auch noch an, obwohl sie eigentlich nichts miteinander zu tun haben?

Der Beweggrund des Amokreapers ist schließlich recht einfach erklärt, ohne dass man irgendwelche Hintergründe erfährt: Es gibt einen Dämon (?) namens Belphegore, der Seelen haben will und in dessen Auftrag eben genannte Reaperin unterwegs ist. Warum? Keine Ahnung. Bekommt sie im Gegensatz zu den anderen Reapern, zu denen auch Todd gehört, keinen Ärger von ihrem strengen Boss? Was hat sie davon, wahllos Teenager umzubringen? Wieso müssen diese Mädchen unbedingt hübsch sein? Ist dann die Seele auch hübsch? Wieso macht sie das so verdammt auffällig?
Fragen über Fragen, die leider keineswegs aufgelöst werden.
Stattdessen stürzt sich die Autorin tatsächlich auch noch in das letzte Klischee:
Bereits als Kaylee erfährt, dass ihre Eltern beide Banshees sind und dass es möglich ist, eine Seele in einen Körper zurückzuschicken, dafür eine andere zu opfern, ist doch klar, was es mit dem Tod ihrer Mutter auf sich hat.
Aber weit gefehlt: Kaylee ist tatsächlich noch überrascht, als sie erfährt, dass sie die Zeit ihrer Mutter lebt – ganz im Gegensatz zum Leser.

Schlussendlich wird dann der Amokreaper mit einer Bratpfanne niedergeschlagen, die Seele der bösen menschlichen Tante, die einen Pakt mit ihm eingegangen ist, damit sie ewige Jugend erhält, nimmt er allerdings mit.
Warum der Pakt mit der Tante? Der Reaper hätte doch auch ohne sie alle Seelen einsammeln können? Was zum Geier bringt ihm diese doofe Tante?!
Egal.
Auf jeden Fall stellt sich schließlich noch heraus, dass Todd und Nash Brüder sind, zudem widr eine wilde Andeutung gemacht, dass es sich bei Kaylees Vater auch um einen reapenden Banshee handeln könnte – ist das möglicherweise der Aufhänger für einen zweiten Teil?

Zumindest ich werde das nicht nachprüfen...

Besonders die beiden Protagonisten sind für mich absolut nicht authentisch: Nash gibt sich zuerst als „düsterer Verführer“, der die Reaktionen, die er bei Kaylee auslöst, genießt und ausnutzt. Später mutiert er zum Kuscheltypen, der ihr ständig Halt gibt und auch echt grauenvoll einfühlsam ist. Vielleicht kommt sein wahres Ich ja noch irgendwann zum Vorschein.
Kaylee hingegen erscheint mir viel zu abgeklärt: Sie hat keine Probleme damit, sämtliche Informationen zu akzeptieren, egal wie durchgedreht sie sind.

Kurz noch zum sprachlichen Aspekt:
Mir scheint, der Lektor hat hier seinen Job ein wenig vernachlässigt. Wortwiederholungen sind wirklich häufig zu finden, auf einer Seite lodert beispielsweise direkt zweimal ein Feuer. Ansonsten ist mir aufgefallen, dass manchmal Pronomen vertauscht sind, als sei das Buch zuerst aus einer anderen Perspektive geschrieben worden.

Stilistisch ist „Soul Screamers“ zwar nicht anspruchsvoll, jedoch in meinen Augen trotzdem gelungen. Die Sätze sind weitgehend kurz gehalten und einfach verständlich: Die Dialoge und Gedanken der Protagonistin haben mir stellenweise ein Lächeln entlockt. Wäre die Geschichte etwas weniger dramatisch und dafür durchdachter: Ich hätte das Buch wirklich genießen können.

So stellen sich allerdings mehr Fragen, als beantwortet werden – und ich bezweifele, dass das die Absicht der Autorin war. ;)

Und schließlich:
Wenn sie im Rahmen des Showdowns so lange brauchen, um Sophies Seele wieder in den Körper zu packen, wobei ja ihr Herz stillstand: Wieso hat der Hirntod keine Auswirkungen auf sie?

Das Fazit spare ich mir an dieser Stelle...

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